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Klangwissenschaft

Musik als Er fahrung

Musik kann zwar physikalisch und mathematisch analysiert werden, ihr Zweck bleibt jedoch heiß debattiert. Alan Sanderson von der Universität Southampton nimmt die Argumente genauer unter die Lupe.

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Die Spektralanalyse von Alben gibt nur sehr wenig Aufschluss über die Schönheit der Musik. Töne klingen grundsätzlich weder gut noch schlecht, weder heiter noch traurig. Wenn sie jedoch vom menschlichen Ohr aufgenommen, im Hörsystem verarbeitet und mit den Bereichen des Gehirns verknüpft werden, die für Erinnerungen, Emotionen, Muster und Bewegungen zuständig sind, erleben wir Musik als etwas Ganzes und doch rätselhaft Ungreifbares.

Wie können vibrierende Luftpartikel, die wir als Tonhöhe, Timbre, Rhythmus und Harmonie wahrnehmen, Emotionen auslösen? Psychoakustiker und auf das Gehör spezialisierte Neurowissenschaftler können zum Teil schon erklären, wie Musik auf das Gehirn wirkt und so subjektive Empfindungen hervorruft. Um jedoch zu erfahren, warum Musik so tief und fest in unserem Befinden verwurzelt ist, müssen wir uns auf die Theorien von Anthropologen, Psychologen und Evolutionswissenschaftler stützen.

"Töne klingen grundsätzlich weder gut noch schlecht, weder heiter noch traurig."

Welchen Zweck erfüllt Musik?

Welchen Zweck Musik letztendlich erfüllt, wird bereits seit Charles Darwin diskutiert, und das Thema bleibt weiterhin umstritten. Unter den vielen verschiedenen Meinungen bestimmen zwei bekannte Argumente die gegenwärtigen Überlegungen zu dem Thema. Steven Pinker, Kognitionswissenschaftler und Autor populärwissenschaftlicher Bücher, schreibt in seinem Buch Wie das Denken im Kopf entsteht (Kindler Verlag, 2002), dass Musik nicht maßgeblich an der Evolution des Menschen beteiligt war. Mit der Metapher des „akustischen Käsekuchens“ beschreibt er, wie Musik Freude hervorruft und mit Hilfe unseres Sprachsystems Kommunikation ermöglicht.

Laut Pinker ist Musik Luxus für unser Sprachsystem, genauso wie ein Käsekuchen  unsere Vorliebe für Zucker und Fette, die bei unseren Vorfahren nur selten auf dem Speiseplan standen, bedient. Dieses Argument legt nahe, dass Sprache eine geistige Fähigkeit ist, die sich aufgrund ihrer offensichtlichen Vorteile für das Sozialverhalten von Primaten entwickelte. Musik, so Pinker, ist eher ein Nebenprodukt der Sprache, das selbst keinen eindeutigen Vorteil mit sich bringt.

Eine Gegenthese stützt sich auf Charles Darwins Theorie der sexuellen Selektion und der Präferenzen bei der Partnerwahl.

Demzufolge wirkt eine musikalische Begabung anziehend und erhöht die Chancen eines Individuums auf Paarung. Was dieses Konzept so interessant macht, ist die Tatsache, dass Musikalität, beispielsweise die Fähigkeit, Klavier zu spielen, nur als Beweis für allgemeine Leistungsfähigkeit dienen könnte. Eine Analogie aus der Natur ist das Pfauenmännchen, dessen Schwanzfedern nur unter sehr hohem Energieaufwand wachsen, ohne ihm dabei einen funktionellen Vorteil zu verschaffen. Die Botschaft an den potentiellen Partner ist, dass das Männchen gesund genug ist, dieses prachtvolle Rad zu produzieren, und trotzdem noch Kraft übrig hat.

In ganz ähnlicher Weise demonstrieren wir unseren potentiellen Partnern mit musikalischen Fähigkeiten unsere physischen und psychischen Fähigkeiten. Daniel Levitin, ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der auditorischen Neurowissenschaft, sieht sich auf der Seite Darwins. In seinem Buch Der Musik-Instinkt: Die Wissenschaft einer menschlichen Leidenschaft (Spektrum, 2009) argumentiert er, dass Musik viele Funktionen erfüllt, die aufgrund ihrer evolutionären Vorteile entstanden sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist, dass gemeinsames Musikhören und-spielen die Gruppenbindung fördert, die für die Bildung einer Gesellschaft unabdingbar ist.

Wer in der Lage war, in Gruppen Musik zu hören und zu spielen, machte sich die Vorteile des Teamworks zu Nutze und erhöhte soseine Chancen, seine Gene weiterzugeben. Tatsache ist, dass Musik eine zentrale Rolle im Leben fast aller Menschen spielt. Die Evidenz deutet auf die Universalität von Musik in menschlichen Bevölkerungen und unserem Privatleben hin. Ihre Ursprünge sind komplex und mit der Sprache verflochten, doch über die große Bedeutung der Musik besteht kein Zweifel.

Wissenschaftler und Mediziner machen heute Gebrauch von der Beziehung zwischen Musik und Sprache und entwickeln musikgestützte Schulungsprogramme, die Menschen mit Problemen bei der Sprachverarbeitung helfen. Durch die Teilnahme an musikalischen Aktivitäten kommt es zwar zu keiner Verbesserung unseres Gehörs, aber unsere Fähigkeit Zuzuhören wird weiter ausgebaut; das stellt eine wertvolle Investition in unser zukünftiges Wohlbefinden dar.

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