Neu vorgestellt: das Wireless-Musiksystem Mu-so Qb
Die Mu-so-Familie erhält Zuwachs: neue Form, aber Naim-typische Tugenden
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„Ich schätze, dass ich auf der Suche nach dem perfekten Klang jetzt etwa 250 Iterationen für die Signalverarbeitung abgespeichert habe. Und für jede davon gab es sicherlich 10 weitere, die ich direkt verworfen habe, weil ich wusste, dass es besser geht. Das macht also tausende Iterationen, bevor man auf die richtige stößt“.
So beschreibt Roy George, Technischer Leiter bei Naim, den mühevollen Entwicklungsprozess der neuen Mu-so Qb. Genauer gesagt geht es hier um das digitale „Tunen“, also einen der letzten Entwicklungsschritte, mit dem sichergestellt wird, dass der Klang des fertigen Produkts dem Erbe von Naim gerecht wird. Und das muss die Qb trotz ihres kompakten Gehäuses, das speziell für Aufstellorte konzipiert wurde, für die selbst die erste Mu-so zu groß wäre.
Neben Roy George sind der Leitende Ingenieur Matthieu Guilloux und der Leiter Konstruktion Simon Matthews wichtige Mitglieder des Entwicklungsteams. Sie führen folgende drei entscheidenden Leitaspekte für das neue Mu-so-Modell an: weniger Platzverbrauch als die sehr erfolgreiche erste Mu-so, noch günstigere Anschaffungskosten und insbesondere die Anforderung, dem typischen Naim-Sound treu zu bleiben.
Darüber hinaus soll die Mu-so Qb neue Kunden für Naim begeistern und zugleich unseren bisherigen Kunden eine einfache Möglichkeit zur Erweiterung bestehender Multiroom-Streaming-Systeme auf Basis der ND- oder Uniti-Serie bieten.
Alle diese Ideen in der ursprünglichen Mu-so zu verwirklichen war schon knifflig; dieses Kunststück jedoch auf noch geringerem Raum zu vollbringen war eine echte Herausforderung. Die erste Mu-so lediglich zu verkleinern hätte Naim-Ansprüchen natürlich nicht genügt. Stattdessen musste eine von Grund auf neue Konstruktion mit innovativen Werkstoffen und technischen Lösungen entwickelt werden. Im Ergebnis reicht die Performance der Mu-so Qb an die ihrer großen Schwester heran, nicht zuletzt auch dank monatelangem Feintuning.
Roy George berichtet weiter: „Wir mussten eine Vielzahl von Computersimulationen durchführen. So nutzten wir etwa das Programm LspCAD für die Konstruktion der Lautsprecher. Und natürlich mussten wir, also die Ingenieure, stets im engen Dialog mit dem Designer Simon stehen, um den idealen Kompromiss zwischen Kompaktheit und Leistung zu finden. Selbst minimale Größenänderungen von nur ein paar Millimetern konnten unter Umständen riesige Auswirkungen auf den Klang haben.“
Oder, wie Simon Matthews es ausdrückt, das Ergebnis ist „so klein wie es mir möglich war und doch so groß, wie Roy es für nötig hielt, um authentische Naim-Klangqualität bieten zu können.“
Von Anfang an war klar, dass wir zwar manche Ideen von der ersten Mu-so übernehmen konnten, aber angesichts der kompakteren Würfelform der Mu-so Qb mindestens ebenso viele neue Überlegungen anstellen mussten. „Wir wussten, dass wir die komplexe Lautsprecheranordnung, die uns vorschwebte, keinesfalls in einem handgefertigten Holzgehäuse im Stile der Mu-so unterbringen konnten“, wie Simon Matthews erläutert.
„Vor allem wollten wir erreichen, dass die Qb einen Raum sozusagen sofort nach dem Auspacken mit atemberaubendem Klang füllen kann“
Im kompakten Qb-Gehäuse ist kein Platz für das Bassreflex-System der großen Mu-so, wie Roy George erklärt, „und vor allem wollten wir erreichen, dass die Qb einen Raum sozusagen sofort nach dem Auspacken mit atemberaubendem Klang füllen kann, auch wenn die Chassis näher zueinander platziert sind als bei der ersten Mu-so“.
Simon Matthews bringt es auf den Punkt: „Für einen Bassreflexkanal ist in so einem kompakten Gehäuse einfach nicht genug Platz. Entweder der Kanal muss so klein konstruiert werden, dass er praktisch keine Wirkung mehr hat, oder er ist schlicht zu groß für das Gehäuse.“
Die Lösung bestand schließlich in der Einführung von wenigstens zwei Elementen, die sowohl innerhalb der Mu-so-Reihe wie auch im gesamten Naim-Produktspektrum gänzlich neu sind: Die tragende Struktur der Qb ist ein einziger Rahmen, der durch umfangreiche Computermodellierung konstruiert wurde und mittels eines aufwendigen Spritzgusswerkzeugs ganz aus glasverstärktem ABS-Kunststoff hergestellt wird. Für das Basssystem werden statt eines Reflexbasskanals zwei seitlich abstrahlende ABR-Module (auxiliary bass radiators) verwendet. Das sind zusätzliche Basslautsprecher in passiver Bauform, d. h. sie werden von den Schwingungen des Tieftöners mitbewegt.
Auch wenn der Werkstoff des Rahmens eine hohe Festigkeit und Steifigkeit aufweist, würde die Stabilität der Konstruktion angesichts der vielen benötigten Aussparungen für die Unterbringung der sieben Chassis doch arg beeinträchtigt. Aus diesem Grund mussten alle Bauteile der Qb so konstruiert werden, dass sie dem strukturellen Zusammenhalt dienen – ein logischer, aber keineswegs simpel umzusetzender Schritt. Das gilt vom Acryl-Sockel auf der Qb-Unterseite bis hinauf zur Vertiefung an der Oberseite, in die das Touchscreen-Bedienelement eingesetzt wird (das übrigens der Ur-Mu-so und den Referenz-Verstärkern der Statement-Serie entlehnt wurde), wie auch vom Kühlkörper an der Rückseite, der mit den wichtigsten Elektronikbauteilen verbunden ist, bis hindurch zu den Chassis selbst.
Ein weiteres Beispiel sind die ABR-Module, die sonst vergleichsweise einfach aufgebaut sind und wenig mehr darstellen als leichte, flache und flexibel unterzubringende Komponenten, die mit der Musik mitschwingen können. Die ABR-Module für die Qb hingegen bestehen aus einer flachen Aluminiummembran über einem soliden Chassis und dahinter einem starren Korb, dessen spinnenartige Aufhängung zusammen mit der Einfassung dafür sorgt, dass die Schwingungen kontrolliert bleiben und in präziseren, hubkolbenartigen Bewegungen münden.
Auf diese Weise tragen die ABR-Module, ebenso wie der ebenfalls oval geformte Haupt-Tieftöner an der Vorderseite der Qb zur allgemeinen Struktursteifigkeit bei und sorgen dafür, dass jegliche Stabilitätsverringerung wegen der für die Komponenten benötigten Öffnungen im Rahmen mehr als ausgeglichen wird. Darüber hinaus ist der Tieftöner am Boden der Rahmenstruktur angebracht und sorgt auf diese Weise ebenfalls für zusätzliche Stabilität, ganz abgesehen davon, dass er so auch dann geschützt ist, wenn die Qb einmal etwas zu polterig abgestellt werden sollte.
Auch die Chassis der Mitteltöner, die sich durch Konstruktionsdetails wie verkupferte Pole für das Magnetsystem auszeichnen, sind im Sinne der Steifigkeit und Festigkeit konstruiert: Gegossene Gehäuse (vom Team als „Eimer“ bezeichnet) schließen hinten an sie an und dienen einerseits der Trennung von den Tieftönern und andererseits der zusätzlichen Stabilisierung der Qb-Frontseite.
Die beiden Hochtöner werden so in die komplexe Schallwand an der Front eingebaut, dass ihr Klang noch besser im Raum verteilt wird. Selbstverständlich spielt dabei auch die ausgeklügelte digitale Signalverarbeitung (DSP) eine Rolle. Mit seinen 150 MIPS (Verarbeitung von 150 Millionen Instruktionen pro Sekunde) kann der DSP-Prozessor die Arbeit der Chassis vollständig überwachen, von Signalentzerrung bis hin zu Zeitverzögerungen und so weiter.
„Ich habe die Signalverarbeitung für die Mu-so und für bestimmt 20 Bentley-Modelle erstellt und diese Erfahrungen waren auch für die Arbeit an der Qb sehr wertvoll.“ Was Roy hier anspricht, ist eines von vielen Beispielen dafür, dass sich scheinbar völlig unterschiedliche Naim-Projekte, wie etwa Wireless-Musiksysteme und Naim for Bentley – das bald mit dem neuen SUV Bentayga Zuwachs erhält – gegenseitig beeinflussen und inspirieren können. Auch praktische Erfahrungen, etwa bei der Unterbringung von Chassis auf engstem Raum (z. B. in Autotüren) oder bei der Umsetzung von Class-D-Verstärkung, zählen dazu.
Und wie läuft Roys Arbeit ab? Das Zitat zu Beginn dieses Artikels ist ein guter Anhaltspunkt dafür, wie sehr sich Roy in seine Arbeit vertieft: Zweifellos hat er viele hundert Arbeitsstunden mit der Feinabstimmung des Qb-Klangs verbracht „und immer wenn wir eine vielversprechende DSP-Konfiguration finden, führen wir eingehende Hörtests mit unterschiedlichen Musikgenres durch – es kann also dauern.“
Dann wird darüber diskutiert, aber bevor die Konfiguration letztlich abgesegnet wird, ist meist noch ein Tag Zeit. „Und das bedeutet, dass ich eben doch noch bis zuletzt, gut und gerne anderthalb Tage lang, weiter daran arbeite. Wer weiß, vielleicht findet man in den letzten zwei Stunden doch noch etwas.“
Das Schöne an digitaler Signalverarbeitung ist, dass man auch dann weiter daran feilen kann, wenn bereits Prototypen des Produkts gebaut werden. Sobald man sich auf eine Klangkonfiguration geeinigt hat, kann man diese jederzeit auf das Produkt aufspielen, ähnlich wie es auch bei der ND- und Uniti-Serie von Naim mittels Firmware-Upgrade möglich ist, „nur schneller“, wie George sagt.
Bei der Qb ist es besonders wichtig, dass sich der Klangcharakter des Produkts auch mit der Mu-so deckt, denn die Qb soll ja auch als Erweiterungsgerät eingesetzt werden können, etwa in einem zusätzlichen Hörraum. Der Klang soll sich nicht ändern, wenn man vom einen in den anderen Raum geht.
Genau wie bei der ersten Mu-so wird jedes Chassis über einen separaten Verstärkerkanal versorgt. Wo die „große Schwester“ aber über sechs Kanäle à 75 Watt verfügt, hat die Qb fünf Kanäle, die die Mittel- und Hochtöner mit 50 Watt und den Tieftöner mit 100 Watt versorgen.
Laut Matthieu Guilloux verbraucht die Qb dank dieser Leistungseinsparung bei den Verstärkerkanälen insgesamt weniger Strom. Auch der Stromverbrauch der eigens entwickelten Chassis-Bestückung ist dank niedrigerer Impedanz geringer. Statt der zwei Tieftöner der Mu-so wird bei der Qb nur einer eingesetzt, dieser allerdings mit beiden Ausgängen des Verstärkerchips verbunden, um so eine höhere Leistung zu erreichen.
Die Verstärker selbst sind exakt dieselben Modelle, die auch bei der Original-Mu-so verwendet werden. Sie wurden damals nach intensiven Hörtests ausgewählt und haben sich als zuverlässig erwiesen, sodass das Team, insbesondere unter der Vorgabe möglichst ähnlicher Klangcharakteristik, keinerlei Grund sah, hier etwas zu ändern.
Geringerer Stromverbrauch bedeutet weniger Wärmeentwicklung, was sich positiv auf Zuverlässigkeit und Beständigkeit auswirkt und den direkt an die Ausgangstransistoren gekoppelten Kühlkörper entlastet. Matthieu berichtet, dass seit Wochen Tests mit Ein-Aus-Zyklen bei unterschiedlichen Raumtemperaturen zwischen −20 °C und +80 °C durchgeführt werden. Ein Zyklus besteht aus dem Abschalten der Qb mit zeitgleicher starker Absenkung der Raumtemperatur, gefolgt von erneutem rapiden Anheben der Raumtemperatur bei zeitgleichem Abspielen von rosa Rauschen auf höchster Lautstärke.
Bevor die Qb also in die Läden kommt, wurden im Testraum bereits mehr als fünf Jahre Betrieb simuliert. Und siehe da, bei 80 °C Raumtemperatur und Vollauslastung, d. h. weit über 100 °C innerhalb der Qb, sind doch tatsächlich teilweise die Klebeverbindungen ein bisschen weich geworden! Glücklicherweise sind diese Bedingungen in der Realität nicht sehr wahrscheinlich.
Der letzte Montageschritt besteht im sorgfältigen Abdichten der Verbindungsstellen, also zwischen dem fünfseitigen Hauptteil des Gehäuses, der Deckplatte an der Oberseite und dem Kühlkörper bzw. der Geräterückwand, die jeweils separat gebaut und dann zu einer Einheit montiert werden, damit die Qb überall luftdicht ist. Für zusätzliche Festigkeit sorgen die aufwendigen mechanischen Verbindungen, mit denen die einzelnen Abschnitte im Hauptgehäuse verankert werden. Und wo in geringerwertigen Produkten vielleicht mit einfachen Schnappverbindungen gearbeitet würde, setzt Naim auf zusätzliche Verschraubungen.
Der durchsichtige Acrylsockel mit dem hinterleuchteten Naim-Schriftzug vervollständigt den Aufbau und erweckt den Eindruck, dass die Qb frei schwebt. Tatsächlich ist der Sockel fest angeklebt und sorgt für Stabilität.
An der Geräterückseite befinden sich neben dem Kühlkörper auch präzise ausgerichtete Antennen für den kabellosen Betrieb sowie die physischen Anschlussbuchsen. Der Funktionsumfang entspricht der Mu-so und umfasst UPnP, AirPlay für Apple Music, integrierte Streaming-Dienste (Spotify und TIDAL) sowie Webradio über Kabelnetzwerk oder WLAN, eine aptX-fähige Bluetooth-Schnittstelle, einen optische Digital-, einen Analog- und einen iOS-kompatiblen USB-Eingang.
Die Qb hat natürlich, weil sie zur Mu-so-Familie gehört, eine abnehmbare Stoffabdeckung, die es in vier Farben gibt: Schwarz (Standard), Deep Blue, Vibrant Red und Burnt Orange. Alternativ können Sie die Stoffabdeckung auch ganz weglassen und die Sicht auf die ausgefeilte Technik im Innenraum freigeben.
Übrigens steckt in der Stoffabdeckung der Qb einiges mehr an Konstruktions- und Entwicklungsarbeit als bei der Mu-so: Es handelt sich um eine Hülle aus drei ABS-Kunststoffteilen, die durch überspritzte Polypropylen-Gelenke flexibel verbunden sind. Der Abdeckungsstoff mit dem bekannten Mu-so-Wellenmotiv auf der Außenseite wird straff aufgespannt und festgeschweißt.
Im Gespräch mit dem Entwicklerteam wurde schnell klar, dass die Mu-so Qb vielleicht das erschwinglichste Naim-System sein magund auch insbesondere für Neukunden als Einstieg in die Welt von Naim konzipiert wurde, aber dennoch durch und durch ein echtes Naim-Produkt ist, in das mindestens ebenso viel Entwicklungszeit und akribische Ingenieurskunst eingeflossen ist wie in jedes andere Produkt aus dem Hause Naim.
Schlicht, kompakt und attraktiv, aber dennoch mit der Erfahrung von über 40 Jahren Verstärkerbau im Rücken, ist die Mu-so Qb ebenso in der Lage, ein Statement abzugeben wie unsere Referenz-Verstärker der Statement-Serie.
Die Mu-so Qb ist ab März 2016 verfügbar.
Im Video unten sehen Sie die Enthüllung der Mu-so Qb durch Simon Drake, Commercial Brand Manager von Naim, auf der Fachmesse CES International 2016.